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Paraguay möchte Bitcoin-Mining verbieten, weil es zu oft Stromausfälle verursacht

source-logo  bitcoinblog.de 08 April 2024 11:27, UTC

Paraguay diskutiert derzeit einen Gesetzesentwurf, der nicht nur das Bitcoin-Mining, sondern auch das Verwahren und Handeln von Kryptowährungen temporär verbieten soll. Eine der Begründungen ist, dass es „viele illegale Bitcoin-Farmen“ gäbe und dass die Regierung die Verbraucher vor virtuellen Assets schützen müsse.

Paraguay ist seit einigen Jahren in einer überaus glücklichen Situation: Dank eines Staudamms an der Grenze zu Brasilien, den Itaipú Damm, hat das Land einen reichen Überschuss an erneuerbaren Energien. Dies machte es in den vergangenen Jahren zu einem Top-Standort fürs Bitcoin-Mining.

Eigentlich wollte die Regierung die Kryptobranche in den vergangenen Jahren regulieren. Doch ein Vorstoß des Senats im Juli 2022 scheiterte am Veto des Präsidenten. Mit einem neuen, radikalen Gesetzesvorschlag möchte der Senat die Branche auf Eis legen, bis die Regulierung glückt. Daher sollen Mining, aber auch das Handeln, Speichern und Bewerben von Kryptowährungen für zunächst 180 Tage verboten werden.

Ganz von der Hand zu weisen dürfte das Problem, das die Senatoren adressieren, nicht sein. Denn das Mining ist in einer rechtlichen Grauzone in den vergangenen Jahren rasant gewachsen – und bedient sich oft nicht ganz legaler Methoden. Laut dem Gesetzesentwurf wurden allein in Alto Paraná schon mehr als 50 Fälle des Stromdiebstahls aufgedeckt; den Energieversorgern zufolge verursachen heimliche Miningfarmen einen monatlichen Schaden von 500 bis 700 Millionen Guaraníes, was sich im Jahr auf rund 60 Millionen Dollar summiert.

Die heimlichen, halblegalen Mining-Farmen gelten in Paraguay als wichtiger Grund für viele Stromausfälle. Der Gesetzesvorschlag nennt zahlreiche Medienberichte, denen zufolge Unternehmen und Familien durch von Minern verursachte Stromausfälle Schaden erleiden.

In gewisser Weise ergibt es Sinn. Wie in zahlreichen anderen Ländern der zweiten oder dritten Welt – etwa Äthopien oder dem Iran – demonstriert das Bitcoin-Mining, dass diesem Ländern zwar oft mehr aus ausreichend Energie zur Verfügung stehen, aber die Stromnetze nicht auf den Ansturm von Minern vorbereitet sind. So kommt es zu lokalen Blackouts, obwohl eigentlich genügend Strom vorhanden wäre, was nicht direkt die Schuld der Miner ist, die aber in schöner Regelmäßigkeit zum Sündenbock gemacht werden.

Verständlich dürfte aber sein, dass ein Land wie Paraguay ein Interesse daran hat, dass die Energiemasse, die ihm nun zur Verfügung steht, in den Aufbau einer Industrie oder der Steigerung des Lebensstandards investiert wird, anstatt von halblegalen, meistens ausländischen, Mining-Konzernen abgeerntet zu werden.

In Paraguay führen die Bitcoin-Miner so einmal mehr vor, dass sie eher wie Heuschrecken anstatt wie Investoren agieren. Sie ernten, aber säen nicht; würden die Mining-Unternehmen nur einen Teil ihrer üppigen Einnahmen in den Aufbau der Stromnetze investieren, wären sie vermutlich gerne gesehene Gäste. Aber solange sie nur abzapfen, was günstig zu haben ist, und dann weiterziehen, sind sie zu Recht unbeliebt, da sie nichts konstruktives hinterlassen werden, wenn sie das Land verlassen.

Etwas weniger nachvollziehbar ist der zweite Teil des Gesetzes – das Verbot des Speicherns, Handelns und Bewerbens von Kryptowährungen. Auch hier beruft sich der Gesetzesentwurf darauf, dass das Fehlen einer sinnvollen Regulierung zu verschiedenen Problemen führe, „von denen sich einige bereits heute manifestieren“:

Die hohe Volatilität und die starke Durchdringung der Szene mit Betrug kann dazu führen, dass Bürger Geld verlieren; Kryptowährungen können eine Rolle in Geldwäsche und Steuerflucht spielen; ein zu großer Kryptomarkt kann die einheimische Finanzwirtschaft destabilisieren.

Man sollte an der Stelle vermutlich wissen, dass Paraguay ein wichtiges Drehkreuz für den Schmuggel von Cannabis, Kokain und synthetischen Drogen in Lateinamerika ist, da das Land an Brasilien, Bolivien und Argentinien grenzt. Zwar wächst die Wirtschaft in Paraguay relativ stark, doch die Armutsquote ist weiterhin hoch; ein Betrug rund um den Fußballspieler Ronaldinho Gaúcho schwappte auch nach Paraguay über; und mit einem Bruttoinlandsprodukt von 40 Milliarden Dollar ist die Volkswirtschaft von Paraguay viel kleiner als Bitcoin.

Die Bedenken, die die Senatoren vortragen, sind an sich also nicht ungerechtfertigt. Vermutlich wäre es aber sehr viel sinnvoller, anstelle eines Verbots – das wohl sowieso kaum durchsetzbar ist – die Ressourcen zu nutzen, die das Land hat – massenhaft günstige Energie – um die Miner und Branche an sich in eine konstruktive Rolle zu zwingen, ähnlich wie El Salvador es gelingt. Das Potenzial wäre vorhanden.

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